Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden Impressum 

Forum Vogtareuth Online

Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 0 Antworten
und wurde 302 mal aufgerufen
 Sonstige
dschauli ( Gast )
Beiträge:

20.05.2008 15:56
Vogtareuth: Bairisch und international Zitat · Antworten


Vogtareuth (ob des Innflusses) kann man inzwischen in bestimmter Hinsicht als international arriviert erachten. Dabei muß gar nicht besonders erwähnt werden, daß das Dorf eine Partnerschaft (frz. „jumelage“) mit Sorède pflegt, einem Dorf in den Pyrenäen des französischen Roussillon, die ein ehemaliger französischer Kriegsgefangener zu initiieren wußte. Dort in Sorède wird die Sardana genauso gerne getanzt wie gleich nebenan in Katalonien, speziell in Barcelona. Sie wird zuweilen auch schon mal in Vogtareuth vorgeführt. Vogtareuth leistet sich damit also schon etwas besonderes, denn nicht allzuviele Dörfer in Oberbayern pflegen internationale Partnerschaften.

Das internationale Flair Vogtareuths begründet sich aber vor allem auf einer anderen Tatsache. Vogtareuth verfügt über eine international angesehene Klinik, deren Behandlungsspektrum von der Chirurgie bis zur Neurologie reicht. Diese Klinik ist nicht nur sehr schön am Ortsrand gelegen, sondern sie verzeichnet Erfolge, die sich vor allem im arabischen Raum herumgesprochen haben. Wer er sich also leisten kann, der begibt sich speziell von dort an den Inn, um sein medizinisches Problem bereinigt zu bekommen. Oft genug ist es von dringlich zu behandelnder, vielleicht auch von tragischer Art.

Der neurologisch bedeutsame Fall, daß ein Kleinkind mit dem Gesicht in eine größere Wasserpfütze fällt und damit ein Gehirntrauma erleidet, weil ihm vielleicht nur für Sekunden der Sauerstoff weggeblieben ist, mag vielleicht in der Wüste weniger vorkommen. An den Badestränden der Scheichtümer sind aber ähnlich gelagerte Fälle durchaus denkbar.

Während man in Deutschland vor allem in den Großstädten verschleierte Personen antrifft, kann man sie im Alpenvorland auch in Vogtareuth antreffen. Die arabische Nobleza tummelt sich also in einem Ort, den man nachwievor auch zu den Kuhdörfern zählen kann. Die Patienten und deren Besucher aus den Scheichtümern haben damit aber gar kein Problem. Die liebe Rindvieh dieser Ortsgemeinde hat im Operationssaal nämlich überhaupt nichts verloren.

Der Familiensinn ist in den reichen arabischen Clans sehr ausgeprägt, so daß man sich nicht wundern muß, daß der einzelne arabische Patient gerade auch als Kind jede Menge Besucher anzieht. Davon profitiert vor allem Vogtareuth. Die Pizzeria hat dort die Speisekarte auf arabisch umgeschrieben und in der gegenüberliegenden Gaststätte am Kirchplatz hat man sich schon längst von Schweinbraten auf Lammspieß umgestellt. Auch das Beherbungsgewerbe profitiert davon.

Gibt es in Vogtareuth ein Dorffest, wo sich die „Madln“ in ihren bunten Dirndkleidern präsentieren, sind die Wüstensöhne und –töchter mit neugierigen Blicken dabei. Wenn dann die Buben auch noch ihren Schuhplattler hinlegen und die „Madln“ mit hochfliegenden Röcken sauber auftanzen, wissen die Gäste überhaupt nicht mehr, wo sie zuerst hinschauen sollen.

Von daher betrachtet dürfte es auch kein Problem sein, wenn der Dschauli sich auf dieses Thema poetisch etwas kapriziert. Er bedient sich hierbei seiner DABAO und keiner muß sich deswegen „derblekt“ (dt.: veralbert) fühlen, die Araber am allerwenigsten.


"Von Bahrain bis nach Voktereit,
dees is fein šon a bisserl weit.
A bisserl weit is dees fein šon"
sagt da die Aine zu irm Man.

Der Man maint: „Dees derzâl-mer leicht,
I hab dee Tag ann Šek eingreicht.
Dees sel is gwiis, dass mer-s derzâln.
Dees habn mer loker auf der Kraln.“



Diese Orthografie bedarf natürlich einiger Erläuterungen, denn die Aussprache des Textes unterscheidet sich um so einiges von der Schreibweise. Der landläufige Autor bairischer Texte bemüht sich hingegen, das Bairische so zu schreiben wie man es spricht. Das hat für den Nichtbayern ( vor allem für Ausländer) aber den Nachteil, daß er den Text nur schlecht oder überhaupt nicht versteht. Aber auch der Bayer hat mit solchen Texten hier und dort ein Wahrnehmungsproblem. In der Regel schafft es nur der Autor , den Text auf Anhieb flüssig vorzulesen.

Die DABAO-Schreibweise steht dem Hochdeutschen hingegen näher; ist damit jedenfalls allgemeinverständlicher. Der Nichtbayer muß sich aber mit den Ausspracheregeln vertraut machen, während sich der dialektgewandte Bayer die Aussprache dazu denken kann. Das muß aber nicht heißen, daß er diese Orthografie ohneweiteres akzeptiert.

Zur Orthografie der 1. Strophe des Gedichtes ist folgendes zu bemerken:

a) Im Wörterl »šon« wird das „sch“ schreibmäßig zu »š« rationalisiert. Das »n« wird nicht ausgesprochen. Aber dafür muß das »o« nasaliert werden (=näselnde Aussprache). Mit »fein« und »eingreicht« ist es ähnlich: Das »n« wird solchermaßen geschluckt. Der »Man« wird „Mo“(mit nasaliertem „o“) ausgesprochen.

Nur bei dem Wörterl »ann« handelt es sich um einen Sonderfall, wird also das „n“ deutlich ausgesprochen.

Die noch in Entwicklung befindliche DABAO kennt eine alternative Schreibweise, was die Nasalierung von Vokalen betrifft, nämlich:

»Vô Bahrain bis nach Voktereit,
dees is feî šô a bisserl weit.
A bisserl weit is dees fein šô
sagt da die Aine zu irm Man.«


b) „Bochroa“ müßte man dieses Scheichtum in Bairisch ausgesprochen werden, wobei das „n“ auch hier zu verschlucken wäre. Darunter könnte man auch den Wiesenrain entlang eines Baches verstehen.

An dieser Schreibweise erkennt man das Kardinalproblem der bairischen Umschrift (Orthografie). Schreibt ein bairischer Autor ein Wort so wie es ausgesprochen wird, hat man der Leser gerade in diesem Fall ein beträchtliches Dekodierungsproblem. Ein Norddeutscher kann mit der Schreibweise „Bochroa“ auch schon gleich gar nichts anfangen.

Daher die leicht verständliche DABAO-Schreibweise für den Bachrain: »Bachrain« oder eventuell »Bachraî«. Der Norddeutsche hat hier aber zu erlernen, daß »Bach, Dach, Fach, Sach, nach und wach« einen o-ähnlichen Vokal (å) enthalten. Ebenso muß er wissen, daß in DABAO »ai« für das bei Dialektautoren so beliebte „oa“ steht. Also nix „Oachkatzlschwoaf“ , sondern »Aichkazlšwaif«! In dieser Hinsicht dürfte DABAO wohl so manchen bairischen Autoren provozieren. Aber er sollte in seiner Schreibwut den schwerverständlichen „Bochroa“ mitbedenken. Damit dürfte auch die Aussprache von »Aine« und »maint« klar geworden sein.

Desweiteren kann orthografisch noch folgendes bemerkt werden:

c) Das »t« wird im Bairischen gewöhnlich weich ausgesprochen, also wie das „d“. In Dschaulis DABAO-Texten kommt es also viel häufiger vor wie in sonstigen Autorentexten.

d) »al« und »âl« werden diphtongisch wie „oi“ ausgesprochen. Statt der üblichen Autorenumschrift „dazoin“ und „Groin“ kommt in DABAO die Schreibweise »derzâln« und »Kraln«. Ein junger Münchner, der das Bairische zwar noch versteht, aber nicht mehr spricht, dürfte es mit einem DABAO-geschriebenen Text auch in dieser Hinsicht leichter haben.

Das „k“ kommt somit im Bairischen auch in weichgesprochener Form vor. Das „ck“ ist in DABAO einstweilen wegrationalisiert worden. Das Häkchen „^“ in »âl« steht für die Auslassung von „h“.

e) »bn« wird wie „m“ ausgesprochen; »dn« wie „n“

Beispiele: »habn«, »Grabn«, »šiebn«, »sibn«; »badn«, »šadn« und »Ladn«

Die ansonsten übliche und der Aussprache angenäherte Autorenschreibweise wäre:

„hom, Grom, schiam, siem, bo(o)n, scho(o)n, Lo(o)n“.

Auch hier wird das Problem der Dekodierung solchermaßen geschriebener Texte ziemlich augenfällig.

Mit diesen Erklärungen hofft der Dschauli, ein gewisses Verständnis für seine DABAO erzeugt zu haben.

Wer dieses Gedicht trotzdem noch nicht so recht verstanden hat, dem wird hier abschließen noch eine ziemlich freie Übersetzung ins Deutsche offeriert:


„Von Bahrain bis nach Vogtareuth?
Daß man da nicht den Weg bereut!
Ein bißchen weit ist das ja wohl“,
sagt da die Frau zum Herrn Gemoohl.

Der Mann meint: „Das bezahl ich leicht.
Die Schecks sind längst schon eingereicht.
Damit hab ich in jedem Falle
das bißchen Geld voll auf der Kralle.“




P.S.: DABAO = Dschauli`s AltBairische AkzentOrtografí

 Sprung  
www.Vogtareuth-Online
Xobor Ein Xobor Forum
Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz